Salvator-Apotheke. Nach Bratislava kehrte ein Stück Geschichte, ein Stück vom alten Pressburg zurück

GENIUS LOCI
13. April 2023

Nach mehr als 20 Jahren kehrte das barocke Mobiliar der ehemaligen Salvator-Apotheke nach Bratislava zurück. Diese Nachricht wurde von vielen Bürgerinnen und Bürgern von Bratislava – ich gehöre ebenfalls zu ihnen – mit Freude, ja sogar mit Begeisterung aufgenommen. Ich selbst gehöre zu einer Generation, die sich an seinen ursprünglichen Standort in der Herrengasse (Panská) nur aus der Kindheit erinnert, und auch das nur sehr vage. Über seine Schönheit und Einzigartigkeit habe ich oft gelesen, aber noch mehr habe ich von seinem schmerzlichen Verlust erfahren und zwar aus den Erzählungen von Zeitgenossen. Wahrscheinlich stammt dieses Juwel aus dem Jahr 1727, aber die Apotheke selbst ist noch einige Jahrzehnte älter …

Die Salvator-Apotheke im Jahr 1928. Ausschnitt aus dem Foto von Josef Hofer. Quelle: pammap.sk, Archiv der Stadt Bratislava 

Sie wurde um 1654 vom Erzbischof von Gran Georg Lippay im heute noch stehenden Gebäude des Jesuitenkollegs in der Kapitelgasse (Kapitulská) gegründet. Die Jesuiten waren damals schon mehrere Jahre in Pressburg tätig. Lippay – als höchster kirchlicher Würdenträger des Landes – hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Mönchsorden zu unterstützen. Er schenkte ihnen die Apotheke im Jahr 1658 unter der Bedingung, dass er regelmäßig Medikamente für den persönlichen Bedarf geliefert bekommen würde: „Das ernannte Kolleg ist jedoch verpflichtet, für meine eigene Person Medikamente aus der oben genannten Apotheke zu geben, solange ich lebe.“ Für die Öffentlichkeit war die Apotheke jahrelang nicht zugänglich – sie diente den internen Bedürfnissen des Ordens und versorgte ausschließlich die Mitglieder des Ordens bzw. die Schüler des Kollegiums mit Medikamenten. Dadurch konnte sie relativ reibungslos funktionieren. Hätte sie auch der Öffentlichkeit dienen wollen, hätte sie eine Genehmigung der Stadt einholen müssen, die damals über die Errichtung öffentlicher Apotheken entschieden hatte. Die bereits prosperierenden Apotheken nahmen dabei die Zunahme jeglicher Konkurrenz sehr empfindlich wahr und bemühten sich, die Stadtverwaltung auf jede erdenkliche Art und Weise zu beeinflussen, um eine Erhöhung der Zahl der Apotheken in der Stadt zu verhindern sowie einen stabilen Kundenkreis und damit auch das Einkommen aufrechtzuerhalten.

Georg Lippay (1600-1666)

Die Wende kam zu Beginn des 18. Jahrhunderts, als die Jesuiten-Apotheke begann – offenbar illegal – auch die Öffentlichkeit zu bedienen. In Pressburg gab es zu dieser Zeit vier öffentliche Apotheken (die Apotheke zum Roten Krebs, zum Goldenen Greif, zum Schwarzen Adler und die Apotheke der Heiligen Dreifaltigkeit). All diese Unternehmen begannen zu protestieren, ihr Streit kam sogar vor den König. Dieser beschloss 1727, die Qualität aller Apotheken der Stadt zu überprüfen. Die Kontrolle verlief für die ursprünglichen Unternehmen katastrophal. Während die Jesuiten-Apotheke endgültig das Recht erhielt, auch die Öffentlichkeit zu bedienen, mussten einige der anderen Offizinen wegen gravierender Mängel geschlossen werden. Es ist anzunehmen, dass die Jesuiten gerade in dieser Zeit die kostbaren Barockmöbel herstellen ließen, deren Dominante die Apotheken-Tara (Ladentheke, Arbeitstisch) war – eine Platte aus Salzburger Marmor, die auf den Köpfen von insgesamt sechs Kalklöwen ruht. Die Apotheke befand sich im Südflügel des Jesuitenkollegs (in Richtung Martinsdom) mit Zugang für die Öffentlichkeit durch den Hof.

Die Apotheke im Csáky-Palast in der Herrengasse (Panská)

Die Jesuiten betrieben die Apotheke bis 1773, als sie als Orden aufgelöst wurden. Zwei Jahre später erwarb das Unternehmen der Privatapotheker Karol Sessel auf einer Auktion. Ursprünglich hätte er die Apotheke umziehen und die Räumlichkeiten für eine Schule (eine sog. Normalschule) freigeben sollen, aber es gelang ihm, gegen diese Verpflichtung erfolgreich Einspruch zu erheben. So durfte er die Apotheke an ihrem ursprünglichen Ort belassen, er zog sogar selbst in das Gebäude (seine Wohnung befand sich im Erdgeschoss des Nordflügels) und ließ für einen bequemeren Zugang der Kunden zur Apotheke einen neuen Eingang direkt von der Straße bauen. Nicht zuletzt änderte er auch ihren einfachen Namen (Jesuiten-Apotheke) in einen attraktiveren Namen – Salvator. Der 1750 in Wien geborene Karl Sessel wurde noch im selben Jahr, in dem er die Apotheke erwarb (1775), Bürger von Pressburg. Im darauffolgenden Jahr heiratete er und übte neben dem Beruf des Apothekers sehr gewissenhaft mehrere Ämter in den städtischen Strukturen aus. Dadurch erlangte er allgemeine Bewunderung und Anerkennung in der Stadt. Er starb 1837 im gesegneten Alter von 87 Jahren. Die Apotheke besaß er fast 50 Jahre lang und sein Nachfolger, Georg Schöninger, verlegte sie am 2. Januar 1833 in den Csáky-Palast in der Herrengasse (Panská). Nach fast zwei Jahrhunderten ihres Bestehens erlebte also die Apotheke den ersten Umzug und verließ die bewährten Räumlichkeiten des ehemaligen Kollegiums. Es handelte sich um ein so schwerwiegendes Ereignis, dass Schöninger nicht zögerte, durch eine Anzeige in der Pressburger Zeitung darauf aufmerksam zu machen. Die Apotheke war für mehr als 70 Jahre im Erdgeschoss des westlichen Traktes des Palastes (in der unmittelbaren Nachbarschaft des heutigen Apothekengebäudes) angesiedelt.

Die Salvator-Apotheke um 1908

Die beliebte Apotheke wechselte ihre Besitzer, bis 1884 der wohlhabende Apotheker Rudolf Adler sie übernahm. Er ließ für sie in 20 Jahren auf einem schmalen Grundstück (heute Panská 35) ein prächtiges Haus im Stil des Historismus (Projekt Kittler & Gratzl) errichten. In das Innere der neuen Apotheke brachte er auch die ursprünglichen Barockmöbel und deren Decke ließ er mit den bis heute erhaltenen vier großen allegorischen Gemälden bemalen. Schließlich wurde am 13. September 1904 vormittags an der Fassade ein Firmenwappen angebracht – eine lebensgroße Sandsteinstatue des Erlösers (Salvator) von Alois Rigele, wodurch – so die zeitgenössische Presse – „das prächtige Haus seine letzte Zierde erhielt“ und „Adler erneut seinen auserwählten Geschmack unter Beweis stellte“. Leider konnte er sich nicht lange über das neue Werk freuen. Er starb bereits am 25. Juni 1906 nach schwerer Krankheit im Alter von nur 59 Jahren. Laut dem Nekrolog „hob er die Salvator-Apotheke auf das europäische Niveau und errichtete für sie auf dem Domplatz ein Gebäude, das sowohl seinem Geschmack dient als auch der Stadt zur Ehre gereicht“. Er wurde auf dem Andreas-Friedhof beigesetzt, aber sein Grab ist offenbar nicht erhalten geblieben.

Mitarbeiter der Apotheke im Jahr 1958. Quelle: TASR-Archiv (Presseagentur der Slowakischen Republik)

Nach Adler wechselten mehrere Personen als Besitzer oder Verwalter der Apotheke ab (u.a. der bekannte slowakische Pharmazeut Gabriel Izák), bis sie 1950 Eigentum des nationalen Unternehmens Medika und später des städtischen Gesundheitsinstituts wurde. Das wertvolle barocke Mobiliar ist im Grunde genommen erhalten geblieben, in den 60er Jahren wurde es einer fachlichen Restaurierung unterzogen. So konnte sich die Öffentlichkeit (sowie die Touristen der Stadt) über die Einrichtungsgegenstände der Apotheke bis Mitte der 90er Jahre freuen. Damals wurde die Apotheke privatisiert und kurz darauf geschlossen, wodurch sie ihre jahrhundertealte Funktion verlor. Der neue Besitzer ließ das gesamte Mobiliar aus der Stadt entfernen, diesen Schritt empfanden viele Bürger als besonders schmerzhaft. Dem Mobiliar drohte sogar der Verkauf in die Schweiz, der glücklicherweise in letzter Minute durch seine Erklärung zum nationalen Kulturdenkmal gestoppt wurde. In stark beschädigtem Zustand kaufte es schließlich 2010 der Pharmazeut und Sammler Erik Kovács, der es restaurieren und in einem Privatmuseum in Waagneustadt (Nové Mesto nad Váhom) ausstellen ließ. In den letzten Jahren ist es der Stadt gelungen, sich zu mobilisieren. Nach mehreren gescheiterten Versuchen konnte sie endlich konkrete und sinnvolle Schritte unternehmen, um das Mobiliar wieder dorthin zu bringen, wo es hingehört. Erst im Jahr 2020 erwarb sie das Gebäude in der Panská Straße und schon ein Jahr später kaufte sie auch das Mobiliar. Dadurch wurde ein Stück der Geschichte vom alten Pressburg nach Bratislava zurückgebracht. Ich hoffe darauf, dass es nach der Durchführung der entsprechenden Vorbereitungsmaßnahmen im Innenraum bald in voller Schönheit erstrahlen und wieder zum begehrten Juwel der Stadt wird.

Ján Vyhnánek

Übersetzung: Melinda Rácz

Unsere Unterstützer

Don`t copy text!