TOP 10 – DAMALS UND HEUTE: Vom Alten zum Neuen
Liebe Leserinnen und Leser, aus seinem Archiv wählt für Sie das Kollektiv des Bürgervereins Pressburger Kipferl jeden Monat eine Reihe von Fotografien aus – die 10 besten vergleichenden Fotos der verstaubten Geschichte und der pulsierenden Gegenwart von Bratislava: TOP 10 – DAMALS UND HEUTE. Dieses Mal zeigen wir Ihnen 10 Objekte und Orte vom alten Pressburg, die den architektonischen Wandel der Stadt im 20. Jahrhundert dokumentieren. Braňo Bibel, Sándor Papp jr. und Ján Vyhnánek werden Sie dieses Mal durch die ehemaligen Stätten führen.
01. Die Redoute
Einige Stadtdominanten wurden bereits vor der Entstehung der Tschechoslowakei abgerissen. Zu diesen Gebäuden gehört auch der im barock-klassizistischen Stil gebaute städtische Getreidespeicher, der in den Jahren 1773-74 nach einem Projekt von Franz Anton Hillebrand an der Stelle des Krönungshügels errichtet wurde. Im 19. Jahrhundert wurde das Gebäude von der Armee als Lagerhaus genutzt. Nachdem es 1901 von der Stadt gekauft worden war, entbrannte eine stürmische Diskussion über sein Schicksal. Schließlich konnte diese Dominante nicht gerettet werden, sie wurde 1911 abgerissen und an ihrer Stelle eine Redoute (ein Projekt von Marcell Komor und Dezider Jakab, heute Hauptveranstaltungsort und Sitz der Slowakischen Philharmonie) errichtet. An den ehemaligen Speicher erinnert heute nur noch das Portal im Hof des Gebäudes und die Gedenktafel, die in den Hof des Apponyi-Palastes gebracht wurde, wo sich auch eine Kopie der Attika befindet.
02. Die Ungarische Eskont- und Devisenbank
Eine weitere Dominante, die noch zu Zeiten der Monarchie saniert wurde, war das mittelalterliche Auer-Haus auf dem Hauptplatz. Im Jahre 1526 wohnte hier kurzfristig auch die ungarische Königin Maria von Habsburg, die nach dem Tod ihres Mannes Zuflucht suchte. König Ludwig II. fiel in der Schlacht bei Mohatsch (Mohács). Das Haus gehörte im 19. Jahrhundert dem Finanzier Theodor Edl, der hier 1856 eine renommierte Privatbank eröffnete. Von seinen Nachfolgern kaufte die Budapester Ungarische Eskont- und Devisenbank das Haus im Jahre 1893. Diese ließ 1906 das ursprüngliche Gebäude abreißen und bis 1911 an seiner Stelle ein Jugendstil-Palast errichten (ein Projekt von Albert Kőrössy und Géza Kiss).
03. Die Tatra-Bank
Zu den ersten Gebäuden, die nach der Entstehung der Tschechoslowakei abgerissen wurden, gehörte das Reidner-Haus an der Ecke des SNP-Platzes (Platz des Slowakischen Nationalaufstands, ehemaliger Marktplatz) und der Ursulinengasse (Uršulínska). Es wurde Ende des 18. Jahrhunderts nach der Zerstörung der Stadtmauer erbaut und gehörte dem Besitzer einer bekannten Pressburger Ziegelfabrik. Im 19. Jahrhundert befand sich hier u. a. das k. u. k. Steueramt. Im Jahre 1874 wurde hier der berühmte Komponist Franz Schmidt geboren. Nach der Gründung der Tschechoslowakischen Republik wurde das Gebäude von der Tatra-Bank (Tatra Banka) gekauft, die dort in den Jahren 1922-25 einen monumentalen Bankpalast errichtete (ein Projekt von Milan Michal Harminc). Im Februar 1923 stellte sich heraus, dass der Ort schon lange vorher von Bedeutung war – während der Ausgrabung des Fundaments wurden wertvolle keltische Schätze entdeckt.
04. Das Landwirtschaftsmuseum (SNM – Slowakisches Nationalmuseum)
In den 20er Jahren wurde nach dem Projekt von Milan Michal Harminc an der Stelle einer Parkanlage und eines Gartenrestaurants am Donauufer das klassizistische Landwirtschaftsmuseum (heute Slowakisches Nationalmuseum) erbaut. Nachdem am 22. September 1924 eine feierliche Ausgrabung stattgefunden hatte (bei der Ausgrabung des Fundaments wurde 12.000 m³ Lehm ausgegraben), gingen die Arbeiten jedes Jahr voran – 1925 wurde die Betongrundplatte hergestellt, ein Jahr später wurden die Hauptmauerarbeiten durchgeführt, 1928 wurde das ganze Gebäude fertiggestellt. Es dauerte jedoch noch einige Zeit, bis das Museum Besucher empfangen konnte. Es wurde am 4. Mai 1930 feierlich eröffnet.
05. Die Comenius Universität
Der Gebäudekomplex, auf dem sich heute die Universität befindet, gehörte ursprünglich Johann Pálffy und war als der Pálffy-Meierhof bekannt. Nach der Entstehung der Tschechoslowakischen Republik wurde er zuerst beschlagnahmt, dann den Mitgliedern der Familie Pálffy zurückgegeben, diese verkauften ihn an die hiesige Kabelfabrik. 1924 kaufte den Komplex das Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, das an seiner Stelle einen multifunktionellen Palast errichten wollte (ein Projekt von František Krupka). Das Gebäude sollte als Sitz der Getreidebörse bzw. des Landesarchivs dienen. Die Gebäude des Gutshofes wurden Anfang 1930 abgerissen und ein Jahr später wurde mit dem Bau begonnen. Die besonders ungünstige Situation der Comenius Universität (ihre Fakultäten waren in verschiedenen älteren Häusern in der Stadt verstreut) führte letztendlich dazu, dass es der Leitung der Universität 1935 gelang, den Neubau zu erwerben, der schließlich im März 1937 als Universitätsgebäude eröffnet wurde.
06. Das große Baťa-Gebäude (Veľký Baťa)
An der Ecke des heutigen Hurban-Platzes und der Michaelergasse (Michalská) stand seit 1829 das klassizistische Gasthaus Zum Landespalatin (später bekannt als Schmit-Hansl), zu dessen Besuchern u.a. der Politiker Lajos Kossuth oder der weltberühmte Dirigent Hans Richter gehörten. Neben der Gaststätte befand sich hier seit 1832 einer der bekanntesten Tuchläden der Region Zum Herrnhuter, dessen dominantes Firmenschild einen lebensgroßen Mann in einer halblangen Pumphose und Schnallenschuhen auf der linken Schulter mit einem gefalteten Tuch darstellt. Sein letzter Besitzer, der Schuhunternehmer Tomáš Baťa, ließ es abreißen und nach gewissen Zugeständnissen an die Öffentlichkeit (z. B. Erhaltung des Blicks auf den Michaelerturm von der Schöndorfergasse (Obchodná ulica) ließ er an seiner Stelle ein modernes Kaufhaus (ein Projekt von Vladimír Karfík) errichten. Das Kaufhaus wurde am letzten Oktobertag 1931 feierlich eröffnet.
07. Der Propeller
Nachdem der Propeller-Shuttleverkehr zwischen den Uferpromenaden von Pressburg im Jahre 1891 in Betrieb genommen wurde, wurden die Passagiere auf beiden Seiten von einfachen hölzernen Hafengebäuden bedient. 1930 wurden an ihrer Stelle nach einem Projekt von Emil Belluš funktionalistische Gebäude errichtet. In ihnen befanden sich Kassen, Warteräume und Korridore für die Ankunft und Abfahrt der Fahrgäste, die durch Gittergeländer getrennt waren. Ein typisches Element war ein Streifenfenster und eine kunstvoll gestaltete Uhr. Das Gebäude am linken Ufer (am Rázus-Kai) wurde 1993 für ein Restaurant und 2019 für ein Café renoviert.
08. Das Hochhaus Manderla
Das ursprüngliche Haus entstand an der Wende des 18. und 19. Jahrhunderts und war durch seine Masse auf dem Platz gekennzeichnet. Hier befanden sich mehrere Betriebe, z.B. die Likör-Schankstelle Slubek oder die Geschäfte Grünwald und Karas. Nachdem der Stadtrat 1933 den Bau des Manderla-Hauses an seiner Stelle genehmigt hatte, wurde es im Sommer 1934 saniert. Der Abriss verlief in Etappen, so dass einige Betriebe noch während der Abbrucharbeiten in Betrieb waren. Der Metzger Rudolf Manderla ließ an seiner Stelle bis 1935 nach dem Projekt von Christian Ludwig, Emerich Spitzer und Augustin Danielis den sog. „ersten Wolkenkratzer von Bratislava“ errichten. Auf der ersten Etage befand sich das beliebte Café Grand.
09. Die Slowakische Nationalgalerie
Die Wasserkaserne (benannt nach ihrer Nähe zur Donau) wurde in den Jahren 1759-63 als geschlossenes vierflügeliges Bauwerk mit einem Innenhof für die Ausbildung von Soldaten errichtet. In einigen Fällen wurde sie auch als Gefängnis genutzt (z.B. während der napoleonischen Kriege), auch der berühmte Dichter Imre Madách verbrachte hier einige Zeit unfreiwillig. Nach der Gründung der Tschechoslowakischen Republik wurde sie in Štefánik-Kaserne umbenannt, nach 1939 bewohnten die Soldaten der slowakischen Armee kurzfristig den Gebäudekomplex. Im April 1940 wurde bei der Erweiterung der Straße die Stirnseite an der Donau abgerissen, wodurch der Hof mit der Uferpromenade verbunden wurde. Eine Zeitlang war im Gebäude das Café Taranda in Betrieb. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude der Slowakischen Nationalgalerie zugewiesen, die die Baulücke mit einem modernistischen Anbau (ein Projekt von Vladimír Dedeček) füllte, der im März 1977 zur Nutzung übergeben wurde.
10. Das Neue Rathaus
Gegenüber dem Primatialpalais wurde in den Jahren 1699 – 1713 unter der Aufsicht des Erzbischofs von Gran (Esztergom) Leopold Kollonich ein Jesuitenkloster errichtet, von dem die Mönche einen leichteren Zugang zur nahe gelegenen Kirche hatten (1672 wurde es an die Lutheraner weitergeleitet). Nach der Auflösung des Ordens im Jahre 1773 kaufte Stefan Ormosdy, der Wirtschaftsverwalter der Erzbischöflichen Güter, das Objekt und ließ es zu einem Wohnpalast umbauen (ein Projekt von Georg Zillack). Ende des 18. Jahrhunderts befand sich hier z. B. das prunkvollste Kaffeehaus der Stadt, im 19. Jahrhundert das Oberste Gericht von Pressburg, in der Zwischenkriegszeit das beliebte Kino „Elite“. Nach dem Zweiten Weltkrieg erwarb die Stadt das verfallene Objekt, es wurde beschlossen, es an die Bedürfnisse des Rathauses anzupassen, wobei die Erhaltung seiner Fassade vorgesehen war. Die unzureichende Sicherung der Mauern führte jedoch zum Einsturz des Objekts, so dass bis 1952 ein völlig neues Gebäude im Stil des klassizistischen Funktionalismus entstand (Projekt Emil Belluš).
Bürgerverein Pressburger Kipferl
(Historische Fotografien: J.Horváth, L. Kalman, J. Cmorej)
Übersetzung: Melinda Rácz