Der Hviezdoslav-Platz im Wirbel der Geschichte
Der Platz, über den wir heute sprechen werden, wurde früher Kleine Promenade genannt. Von hier aus hat man die beste Aussicht auf die sogenannte Große Promenade. Dieser Raum ist nicht nur lokal, sondern auch im Kontext der mitteleuropäischen Geschichte von großer Bedeutung. Auf Deutsch hieß er Promenade, auf Ungarisch Sétatér und auf Slowakisch heißt er heute Hviezdoslavovo námestie (Hviezdoslav-Platz), doch volkstümlich wird er einfach nur Hviezdko genannt.
An diesem Ort fanden öffentliche Versammlungen oder Demonstrationen aller möglichen Regime statt, die sich im Laufe der Zeit in unserer Stadt abgewechselt hatten. Gleichzeitig handelt es sich auch um das kulturelle und touristische Herz von Bratislava. Hier finden wir auch Denkmäler, die uns an die verkehrstechnische bzw. technische Weiterentwicklung der Stadt erinnern. Dieser Raum ist ebenfalls hinsichtlich der nationalen Entwicklung der Bevölkerung von Bratislava wichtig. Nicht zuletzt geht es hier um den schönsten Platz der Stadt.
Kolorierte Postkarte mit dem Stadttheater, mit dem marschierenden Militärorchester und den Soldaten der österreichisch-ungarischen Armee. (Quelle: Július Cmorej)
Über den „Hviezdko“ zog wortwörtlich die ganze Geschichte hindurch. Zu der Zeit, als in der Stadt die Ungarischen Versammlungen stattfanden, befand sich hier das Café Hollinger, das auch „Pressburger Pilvax“ genannt wurde. Hier trafen sich die Rechtsreferendare, juristische Konzipienten, die die Abgeordneten in die Stadt begleiteten.
Seit den Zeiten der Monarchie war der Platz das Zentrum, auf dem Märsche, Demonstrationen, Massenkundgebungen stattfanden, die den turbulenten Verlauf der Geschichte von Bratislava und der heutigen Slowakei widerspiegeln. Allein im 20. Jahrhundert marschierten hier Soldaten der österreichisch-ungarischen Armee, tschechoslowakische Legionäre, die „Ludaken“ (Volksparteiler) und die Rote Armee. Im Jahre 1988 fand hier die Kerzendemonstration statt, die dazu beitrug, den Lauf der Geschichte der Slowakei zu verändern.
Die wichtigsten Ereignisse aus der Geschichte dieses Platzes im Überblick.
Kossuths Balkon – Gasthaus Zum Grünen Baum. (Quelle: Juraj Horváth/Pressburger Kipferl)
1848/1849
Mit dem Gasthaus Zum Grünen Baum auf dem Gelände des heutigen Hotels Carlton verbindet sich der hellste Moment der ungarischen Geschichte. Von seinem Balkon aus hielt der ungarische Politiker Lajos Kossuth am 17. März 1848 seine berühmte Rede. Er kündigte die vollständige Erneuerung Ungarns an und stellte den ersten ungarischen Ministerpräsidenten, den in Pressburg geborenen Grafen, Lajos Batthyány vor. Auf dem Gelände des Gasthauses wurde in den Jahren 1928 – 1930 ein neues Hotelgebäude errichtet. Damals gelang es, die steinernen Teile des legendären Balkons zu retten und nach Ungarn zu bringen. Seit 1996 befindet sich der Balkon im Garten der reformierten Kirche in Cegléd.
März 1848. Die Titelseite der Pressburger Zeitung verkündet die Pressefreiheit als eine der Schlüsselforderungen der Revolution. (Quelle: Pressburger Kipferl)
Mit dem Jahr 1848 ist auch die Geschichte der Palugyay-Bäume verbunden. Nach dem Ende der Revolution wollten russische Soldaten, die in der Stadt untergebracht worden waren, Bäume auf dem Platz fällen, um ein Feuer zu legen, aber der Winzer und Wirt Palugyay versorgte sie mit eigenen Vorräten, um die Bäume zu schützen.
Ankunft der tschechoslowakischen Regierung in Pressburg und die Feier vor dem Stadttheater unter Teilnahme des Ministers mit Vollmacht für die Verwaltung der Slowakei Dr. Vavro Šrobár, 4. – 5. Februar 1919. (Quelle: Július Cmorej)
1919
Die tschechoslowakischen Legionäre besetzten Pressburg am 1. Januar 1919 und es wurde endgültig Bratislava. So begann der Prozess der Umwandlung einer ungarischen Stadt mit überwiegend deutscher Bevölkerung in die Hauptstadt der Slowakei. Angehörige der slowakischen Nationalität machten damals kaum 15 % der Einwohner von Bratislava aus (nach Angaben aus dem Jahr 1910), dennoch machte der entstehende tschechisch-slowakische Staat Ansprüche auf die Stadt. Ihre Beherrschung – sie verfügte über einen Donauhafen – war vor allem aus wirtschaftlicher und strategischer Sicht von entscheidender Bedeutung.
Auf dem heutigen Hviezdoslav-Platz fand vor dem Stadttheater am 4. und 5. Februar eine Zeremonie unter Teilnahme des Ministers mit Vollmacht für die Verwaltung der Slowakei Dr. Vavro Šrobár statt, die die Machtübernahme in der Stadt durch die Tschechoslowakische Republik demonstrierte.
Joseph Goebbels, Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda grüßt die Menge auf dem Platz bei einem Besuch in Bratislava 1941. (Quelle: Slovenský národný archív)
1939 – 1945
Während der dunklen Periode der Existenz des slowakischen Staates in den Jahren 1939 – 1945 fanden auf dem Platz staatliche und militärische Zeremonien statt, die der Propagierung des Regimes dienten. „Hviezdko“ war das Zentrum dieser Propagandaveranstaltungen. In diesem Raum ordneten sich die Mitglieder der Hlinka-Garde und der slowakischen Armee, wie das auch historische Fotografien dokumentieren.
Soldaten der Roten Armee überqueren feierlich den Hviezdoslav-Platz nach der Befreiung der Stadt im Jahre 1945. (Quelle: TASR)
1945
Am Ende des Krieges marschierten die Soldaten der Roten Armee siegreich durch den Platz „Hviezdko“. Die Befreiung von Bratislava war Teil der Bratislava-Brünner-Operation, die in zwei Etappen vom 25. März bis 5. Mai 1945 stattfand. Die erste Etappe endete am 11. April 1945, als sowjetische und rumänische Truppen Bratislava befreiten und die Brückenköpfe an der March (Morava) eroberten.
März 1953: Zehntausende Einwohner von Bratislava füllen den Hviezdoslav-Patz anlässlich der Trauerfeier für den verstorbenen ersten kommunistischen Präsidenten Klement Gottwald. (Quelle: TASR)
1988 – 1989
Der Hviezdoslav-Platz wurde auch zum Schauplatz der Kerzendemonstration, die der Vorbote der Samtenen Revolution war. Es war eine friedliche Demonstration der Bürger für religiöse und bürgerliche Rechte und Freiheiten in der sozialistischen Tschechoslowakei, die am 25. März 1988 stattfand.
Studenten der Bratislavaer Universitäten versammelten sich am 21. November 1989 auf dem Hviezdoslav-Platz, wo sie über die neuesten Studenteninitiativen und die Erklärung neu gegründeter unabhängiger Studentenvereinigungen informiert wurden. Sie unterstützten auch die Bewegung der Prager Universitätsstudenten. (Quelle: TASR)
Sie gilt als eine der wichtigsten Demonstrationen der Bürger und Gläubigen gegen das kommunistische Regime in der Tschechoslowakei. Auf dem „Hviezdko“ fanden auch Studentendemonstrationen gegen das kommunistische Regime statt.
Der Platz ist bis heute ein Zentrum wichtiger politischer und gesellschaftlicher Treffen in der Stadt.
Peter Janoviček
Übersetzung: Melinda Rácz
Bilder und Fotos: Archiv von Pressburger Kipferln, SNA, TASR