Georg Druschetzky – virtuoser Oboist und Pauker
Nach Anton Zimmermann war Georg Druschetzky (7. April 1745, Jemníky bei Kladno – 21. Juni 1819, Ofen / Buda) der wichtigste Komponist der Klassik, der in Pressburg wirkte. Seine Musik war in ganz Mitteleuropa bekannt, insbesondere bei der Armee.
St. Martinsdom
Aus Böhmen stammend, war in verschiedenen Teilen der Monarchie tätig und spielte in zwei der wichtigsten Orchester, die in Pressburg in der Blütezeit dieser Stadt in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wirkten. Er war ein immer gut gelaunter, beliebter und vor allem vielseitiger Bläservirtuose (vor allem Oboist) und Pauker, sowie ein hoch geschätzter Komponist, der vor allem für seine Werke für Harmoniemusik (klassische Besetzung aus je zwei Oboen, Klarinetten, Hörnern, und Fagotten) bekannt ist.
Irgendwann zwischen 1759 und 1762 war er Schüler von Antonio Besozzi, bzw. bei dessen Sohn Carlo im Oboe-Spiel in Dresden. Im Jahr 1762, im Alter von 17 Jahren, trat er in das Galizische Linien-Infanterie-Regiment Nr. 50 ein. Dieses war in Eger / Cheb (1762), Wien (1763), Enns (1764), Linz (ca. 1771) und Braunau (1775) stationiert. Er wirkte dort als Grenadier, spätestens ab 1768 Oboist („Pfeifer“) und 1773 – 1775 lautete seine Unterschrift bereits „Capelmeister vom Stainischen Inf. Reg”.
In vier erhaltenen Briefen Druschetzkys an seinen ersten Mäzen Graf Ferdinand Kinsky aus den Jahren 1773 – 1775 erfahren wir von Druschetzkys Bemühungen, seine Horizonte durch den Besuch von Opern, Akademien und Konzerte in Wien zu erweitern. Er finanzierte seinen Aufenthalt dort, indem er für Kinsky komponierte. Hier finden wir zumindest eine seiner vorübergehenden Adressen: Getreidemarkt, Blaues Haus, 2. Stock. Dem damaligen Oboisten von Fürst Schwarzenberg und späteren Leiter der kaiserlich-königlichen Harmonie von Kaiser Josef II. Johann Georg Triebensee schuldete er Geld für eine neue Oboe, das er ebenfalls durch Komposition verdiente. Er war auf der Suche nach einer zivilen Anstellung und hatte schon eine Stelle bei einer uns unbekannten Fürstin in Aussicht. Um 1776 lernte er Susanna Pöller, die Tochter des verstorbenen Landschaftsphysikus (Bezirksarzt) Karl Joseph Pöller, kennen. Seine zukünftige Schwiegermutter Theresia Pöller bewarb sich in seinem Namen erfolglos um die freigewordene Stelle des Landschaftspaukers in Linz. Ein zweiter Versuch, den er selbst unternahm, war erfolgreich. Am 15.4.1777 wurde er zum “bestallten Landschaftspauker zu Linz in Oberösterreich” ernannt. In dieser Funktion dirigierte er bei verschiedenen Musikveranstaltungen, organisierte Akademien und komponierte. Am 19.5.1777 heiratete er Susanna in der Kapelle des Collegium Nordicum in Linz.
Primatialpalais
Infolge der Neuorganisation der Landesämter laut Anordnung von Joseph II. von 1783 verlor er seine Stellung. Ab 1783 finden wir ihn in Wien als Verleger und Musikalienhändler – hauptsächlich mit eigenen Werken. Am 6.9.1783 wurde er Mitglied der Wiener Tonkünstler-Sozietät, die seiner Witwe nach seinem Tod 1819 eine Pension zahlte (sie starb am 9.7.1832, genau einen Tag nach der Witwe von Anton Zimmermann, dem ehemaligen Kapellmeister von Kardinal Batthyány).
Druschetzky wirkte am Hof der Adelsfamilie Clam-Gallas in Friedland / Frýdlant und in Prag, wo er mehrere Kompositionen für Bassetthorntrio schrieb. Er wird auch im Theaterkalender von Gotha in den Jahren 1784 und 1785 erwähnt. Schließlich kam er nach Ungarn, wo er für mehrere Auftraggeber als Musikdirektor oder Kapellmeister eines Harmonie-Ensembles, sowie auch Komponist tätig war.
Ab 1786 / 1787 wirkte er als Kapellmeister und Nachfolger von Martin Schlesinger bei Fürst Anton Grassalkovich II. in Pressburg. Nach dem Vorbild seines Schwiegervaters Nicholas Esterházy „des Prachtliebenden“ (Joseph Haydns Auftraggeber) veranstaltete Grassalkovich in seinen Palästen in Pressburg und Wien sowie in der Sommerresidenz in Gödöllő prächtige Feste, an denen der Hochadel teilnahm.
Palais Grassalkovich
Druschetzkys „Eine neue Harmonie aus 21 blasenden Instrumenten bestehend“, die am 15.11.1790 in Pressburg anlässlich der Krönung Leopolds II. zum König von Ungarn aufgeführt wurde, ist eine der größten Instrumentalbesetzungen in diesem Segment. Sie wurde von der kombinierten Bläserharmonie Esterházy-Grassalkovich aufgeführt. Das gleiche Werk wurde in Wien beim Konzert der Tonkünstler-Sozietät im Burgtheater am 16/17.4.1791 unter der Leitung von Antonio Salieri wiederholt aufgeführt. Leider ist das Werk verschollen.
Ab 1791 leitete Druschetzky das aus 8 Spielern bestehende Harmonie-Ensemble von Fürstprimas Kardinal Joseph Batthyány. Dieser gründete es 1790 als Nachfolge seines großen Orchesters (1776 – 1783), neben dem allerdings bereits ein Harmonie-Ensemble unter der Leitung von Theodor Lotz existierte.
Am Fest des heiligen Ignatius, dem 31.7.1791, präsentierte Druschetzky in der Kirche bei St. Salvator eine neu komponierte Messe für die virtuose Harmonie von Batthyány und zwar „unter der stärksten Besetzung von ausgesuchtesten Künstlern“ (Pressburger Zeitung vom 6.8.1791).
Kirche zu St.Salvator – Jesuitenkirche
In der Literatur finden sich verschiedene Angaben über das Jahr der Abreise Druschetzkys mit Kardinal Batthyány nach Pest (zwischen 1791 und 1795). Was wir mit Sicherheit wissen ist, dass Batthyány am 6.6.1792 in Buda König Franz I. von Ungarn krönte. Druschetzky führte fast immer den Ort, an dem seine Werke geschrieben wurden, neben dem Datum an: 1791 war es noch Pressburg, 1795 – 1799 Pest und ab 1800 Buda. Leider nannte er bei der 1793 komponierten Messe keinen Ort. Druschetzky leitete die Harmonie von Kardinal Batthyány in dessen Residenzen in Pressburg, Pest und Rechnitz / Rohonc (heute Burgenland) bis zum Tod des Kardinals im Jahr 1799.
In einem kuriosen Brief von Druschetzky an Triebensee aus Pest (1794) werden auch seine musikalischen Zeitgenossen Martin Schlesinger und Johann Matthias Sperger erwähnt. Jedes dieser drei Mitglieder der Tonkünstler-Sozietät erhielt einen anonymen Brief mit Anweisungen, was zu tun sei, um von der Sozietät einen bestimmten Betrag zu erhalten (Druschetzky erhielt immerhin 454 Gulden).
Von etwa 1801 / 1802 bis zu seinem Tod war er als Dirigent und Komponist des Bläseroktetts von Erzherzog Joseph Anton Johann von Österreich und Palatins von Ungarn (Sohn von Leopold II.) in Buda tätig. Dieser lebte viel bescheidener als Batthyány, dennoch war ihm sein Harmonie-Ensemble wichtig und präsentierte es bei vielen Gelegenheiten.
Laut dem „Addreßbuch der Königlichen Frey-Stadt Pesth 1815“ wohnte er im Burg-Bezirk am Paradeplatz im Hause des Bäckermeisters Venus. Er wird hier ebenfalls als Regenschori im Seminar an der Universität (heute Universitätskirche) erwähnt.
Georg Druschetzky starb am 21.6.1819 in Buda an Brustwassersucht (Hydrothorax), worüber die Pressburger Zeitung am 29.6.1819 berichtete. Das Begräbnis fand am 23.6. am Friedhof von Buda Vár statt. Nur das Testament seiner Witwe ist erhalten geblieben. Sein musikalischer Nachlass befindet sich in der Ungarischen Nationalbibliothek und in der Helikon-Bibliothek in Keszthely. Weitere Kompositionen sind in Österreich und der Tschechischen Republik erhalten geblieben.
Druschetzky war ein sehr vielseitiger und produktiver Komponist, der für Orchester, Kammermusik und vor allem Harmoniemusik komponierte. Bekannt sind 28 Sinfonien, zahlreiche Konzerte und Kammermusikstücke, Bühnenwerke, Kirchenmusik, darunter 9 Messen. Unter den rund 300 als Harmoniemusik bezeichneten Werken befinden sich sowohl eigene Kompositionen als auch Arrangements von Werken anderer Komponisten. Seine ungewöhnlichen musikalischen Ideen spiegeln sich in mehreren Kuriositäten wider, wie z. B. in einer Partita für Bläseroktett und Kinderinstrumente und zwei Partiten für Bauerninstrumente, Konzerten für Kesselpauken, Mandolinen-Sonaten und Türkischer Musik.
Angaben über das Leben von Georg Druschetzky habe ich vor allem in den Werken von Alexander Weinmann, Ágnes Sas, Eszter Fontana, Damian Frame (Dissertation) und Márton Egri (Masterarbeit) gefunden.
Zuzana Godárová