TOP 10 – DAMALS UND HEUTE: Die Dominanten vom alten Pressburg

Geschichte
1. März 2023

Sehr geehrte Leser, das Kollektiv der Bürgervereinigung Pressburger Kipferl wählt für Sie eine Reihe von 10 Fotografien aus seinem Archiv aus, die zu den 10 besten Vorher-nachher-Aufnahmen der verstaubten Geschichte und der pulsierenden Gegenwart von Bratislava zählen: BRATISLAVA TOP 10 – DAMALS UND HEUTE.

Zu Beginn stellen wir 10 Dominanten vom alten Pressburg vor, die einst das Panorama der Stadt maßgeblich geprägt haben, heute aber nur noch in Erinnerungen oder auf historischen Fotografien existieren. Braňo Bibel, Sándor Papp jr. und Ján Vyhnánek laden zu einem Spaziergang durch die verlassenen Orte ein.

 

01. Das Maria-Theresien-Denkmal 

Bei der Figurengruppe, die von der Statue der beliebten Königin auf einem Pferd mit zwei Honveds an ihren Seiten gebildet wurde, handelt es sich um das Werk unseres Landsmannes Ján Fadrusz. Dieses Reiterstandbild wurde als Erinnerung an die Krönungen von Pressburg und teilweise als Ersatz für den Krönungshügel angefertigt, der ungefähr bis zum Jahre 1870 an der gleichen Stelle aufzufinden war. Seine Enthüllung am 16. Mai 1897, an der sogar der Monarch Franz Joseph I. teilnahm, wurde von spektakulären Stadtfeiern begleitet, die mehrere Tage gedauert haben. Die Lebensdauer des Denkmals war jedoch kurz – nach der Entstehung der Ersten Tschechoslowakischen Republik wurde es im Oktober 1921 aus politischen Gründen zerstört. Teile davon können wir bis heute in einigen Gebäuden von Bratislava wiedererkennen

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02. Die Neologe Synagoge

Die im Maurischen Stil gebaute markante Synagoge entstand in den Jahren 1893-94 nach einem Projekt vom Architekten Dionys Milch. Der Auftraggeber war die hiesige jüdische neologe Gemeinde. Sie stand auf dem Gelände des Gasthauses Zur goldenen Sonne bei der ehemaligen Stadtmauer in der Nähe des Burggrabens. Der Platz davor war früher voll von Markttischen, da dort einer der belebtesten Märkte der Stadt stattfand. Zu den typischen exotischen Elementen der Synagoge zählten die zwei Türme und die Wände, die mit gelben glasierten Fliesen und roten Ziegelstreifen verziert waren, weshalb sie zu einem beliebten Motiv vieler Kunstwerke wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente sie als Lager des Fernsehens, schließlich wurde sie im April 1969 während des Baus der SNP-Brücke (Brücke des Slowakischen Nationalaufstands) komplett saniert. Heute erinnert uns an sie ihre Silhouette an der schwarzen Marmorwand am Holocaust-Denkmal auf dem Fischplatz.

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03. Der Pressburger Ruder-Club

Der Pressburger Ruder-Club (Pozsonyi Hajós Egylet) entstand bereits im Jahre 1862 als ältester Ruderverein des Landes und beteiligte sich von Anfang an an der Professionalisierung dieser Sportart in unserer Stadt. Seine hölzerne Werft hatte er ursprünglich beim Theater Arena, später gelang es seinen Mitgliedern auch dank eines günstigen Darlehens von der Ersten Pressburger Sparkasse in den Jahren 1895-97 eine neue Steinsiedlung zu bauen. Das ursprünglich für den Ruderverein in Linz konzipierte neugotische Bauprojekt mit dem hohen zentralen Turm und den freiliegenden Holzbalken (Fachwerktechnik) wurde vom österreichischen Architekten Raymund Jeblinger ohne Honorar realisiert. Das Gebäude wurde ebenfalls beim Bau der SNP-Brücke demontiert, mit dem Versprechen, es an einem anderen Ort zu errichten. Seine – heute schon verloren gegangenen – nummerierten Teile lagen einige Jahre lang auf dem Hof einer kollektiven Wirtschaft in Karlburg (Rusovce) herum.

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04. Die Orthodoxe Synagoge

Die Synagoge im typisch orientalischen Stil ließ die orthodoxe jüdische Gemeinde im Jahre 1864 an der Stelle des älteren Gebetshauses nach dem Projekt des christlichen Architekten Ignaz Feigler jr. errichten. Vor dem Eingang zur Synagoge war ein kleiner Hof von der Straße durch einen gusseisernen Zaun getrennt. Als einzigartige Elemente der Synagoge sind die zweistöckigen Balkons zu erwähnen, die für Frauen bestimmt waren. Jüdische Gläubige nutzten das Gebäude bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, allerdings in den letzten Jahren vor allem ärmere Familien, denen es nach dem Großbrand im Jahre 1913 nicht gelang, aus dem ehemaligen Getto auszuziehen. Die Synagoge, die durch die Bombardierung von Bratislava während des Krieges teilweise zerstört wurde, wurde Anfang der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts abgerissen.

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05. Das Landerer-Palais

Den weitläufigen Barockpalast ließ – wahrscheinlich nach einem Projekt von Matej Walch – um 1770 der Buchdrucker Johann Michael Landerer erbauen, der hier auch seine Druckerei und eine Buchstabengießerei unterbrachte. Der Palast hatte 33 Fenster zur Straße, einen großen Saal und einen gut angelegten Garten. Die Familie Landerer war später aus finanziellen Gründen gezwungen, das Palais zu verkaufen. So wurde das Gebäude 1857 zu einer Geniekaserne umgebaut. In dem Gebäude, das auch unter dem Namen Franz-Joseph-Pionierkaserne bekannt ist, befand sich auch eine untere Militärschule, nach 1918 zogen die Mitglieder des Brückenbataillons und nach ihnen die Militärschule der Offiziere des Generalstabs ein. Während des Zweiten Weltkriegs brannte der Palast fast vollständig ab, weshalb das Gebäude 1947 abgerissen wurde.

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06. Die Säule des hl. Joseph

Seit 1764 stand auf dem Platz vor der Kirche des Ordens von Notre Dame eine Rokoko-Sandsteinsäule zum Gedenken an die wiederholten Erdbeben. Aus der Mitte des Sockels ragte bis zu einer Höhe von etwa 8 Metern eine Säule mit einer kissenartigen Spitze heraus. Darauf stand eine Statue des hl. Joseph, der ein Kind in der Hand hielt. Die Säule wurde durch Skulpturen weiterer Heiliger (einige wurden angeblich aus dem aufgelösten Fischertor übertragen) und Reliefs von Adam und Eva im Paradies ergänzt. Im Jahre 1947 hatte man beschlossen, die Säule zu restaurieren. Die Säule wurde demontiert, damit sie an einem anderen Ort gebaut werden konnte. Der Neubau wurde schließlich wegen der angeblichen massiven Beschädigung der Säule nicht durchgeführt. So wanderte der hl. Joseph in den Garten einer Privatvilla in der Prokop-Velky-Straße, weitere Statuen wurden im Kloster der Hl. Elisabeth aufgestellt, ein Teil des Dekors gelangte in die städtische Galerie und der Rest landete auf einer Müllhalde.

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07. Der Karoline-Auguste-Brunnen 

Der Obelisk-Brunnen der Königin Karoline Auguste wurde 1828 errichtet, und zwar zum Gedenken an ihre im Jahre 1825 stattgefundene Krönung in der Stadt Pressburg. Der Brunnen wurde von heimischen Steinmetzen nach Plänen des Professors der Wiener Akademie der bildenden Künste Josef Klieber gemeißelt. Der etwa 9 Meter hohe Obelisk ruhte auf einem Sockel mit halbrunden Nischen an vier Seiten. Aus den Nischen stachen Löwenköpfe hervor, die Wasser in ein kreisförmiges steinernes Becken spuckten. Von dort strömte das Wasser in vier kleinere Becken in Form eines Auslaufs, die um den Umfang verteilt waren. Auf dem Obelisken wurde eine Inschrift zu Ehren der Königin, das Reichswappen und das Wappen der Stadt Pressburg angebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie mit der Absicht entfernt, sie an einer anderen Stelle zu errichten, was wegen des angeblich schlechten Zustands des Steins doch nicht realisiert wurde. Der Obelisk lag dann eine Weile auf dem Platz der Freiheit (Námestie Slobody), bis er für die Rekonstruktion von verschiedenen Steinmetzarbeiten verwendet wurde.

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08. Der „Leuchtturm“ von Esterhazy

Seit 1902 befand sich am Donauufer ein Objekt, das im Volksmund als Esterhazy-Leuchtturm bezeichnet wird. Graf Michael Esterhazy schenkte es der Stadt anlässlich der II. Landesausstellung und es handelte sich eigentlich um eine Aussichtsterrasse mit einer Steintreppe, neben der eine hohe Steinsäule stand. An dieser Säule wurde eine hell leuchtende Lampe (sie war übrigens die erste elektrische Lampe am Ufer) befestigt, so dass sie einem Leuchtturm ähnelte. Auf dem Sockel der Säule war ein großes, aus Stein gemeißeltes Grafenwappen der Esterhazy-Familie. Das kostbare Denkmal wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vom Ufer entfernt.

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09. Die Bürgerliche Brauerei

Das einstöckige barock-klassizistische Gebäude entstand 1772 anstelle einer älteren Brauerei nach dem Projekt von Franz Römisch. Ursprünglich erstreckte es sich bis an die Donau, wo Wasser mit einer Dampfmaschine gepumpt wurde. Das Erscheinungsbild der Brauerei  änderte sich durch recht häufige bauliche Änderungen (das Gebäude brannte mehrmals ab). In dem östlichen Teil des Gebäudes wurde ein hölzernes überdachtes Brauereirestaurant vorgesetzt, im Westflügel befand sich im Erdgeschoss und im ersten Stock eine Produktionsstätte. Im Tympanon über dem Eingang wurde ein Stadtwappen angebracht. Die Brauerei besaß die Stadt bis zum Jahre 1880, als sie von der bekannten Familie Deutsch übernommen wurde. Sie wurde in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts ebenfalls während des Baus der SNP-Brücke abgerissen.

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10. Bäckensturm

Erstmals wird sie 1439 als Teil der südlichen Stadtbefestigung erwähnt. Sie hatte die Aufgabe, das Lorenzertor und einen Teil des südlichen Vorortes von Pressburg zu schützen, wobei ihre Besatzung eine Bäckerzunft bildete. Nach dem Abriss der Stadtmauern Ende des 18. Jahrhunderts wurde sie dem Scharitzer-Haus (Durchgang bis zur Lorenzertorgasse) angegliedert und 1812 zu einem Wohnhaus umgebaut. Hier wohnte der berühmte österreichische Dichter Nikolas Lenau während seines Studiums an der Rechtsakademie in Pressburg (1821-1822). Das Gebäude wurde 1941 beim Bau des Palastes der Slowakischen Nationalbank abgerissen. Heute befindet sich an dieser Stelle der Künstlereingang des P.O.Hviezdoslav Stadttheaters.

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Bürgerverein Presburger Kipferl

(Historische Fotografien: J. Horváth, L. Kalman, J. Cmorej, Peter Martinko)

Übersetzung: Melinda Rácz

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